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Corona-Baby und Corona-Mami – nein Corona-Mum!

Was bis letztes Jahr für die meisten Leute ein mexikanisches Flaschenbier mit Limettenstück im Flaschenhals war, ist seit Anfang 2020 ein unsichtbares Minimonster, dass so ziemlich jedem auf irgendeine Weise den Spaß verderben will.

Ich stelle mir es immer wie einen kleinen Ball vor mit tausend Beinchen, die Widerhaken haben. Der Ball hat natürlich auch ein Gesicht. Er lacht fies und hämisch und reden kann dieser Miniball auch noch. Ganz leise und zischend ruft er nämlich immer „Dich erwische ich auch noch!“.

So wird aus dem kleinen Ball ein Minimonster und bekommt in diesem Jahr den Namen Corona-Virus.

Und dieses Virus-Minimonster hat Recht. Es erwischt dich und mich und alle. Den einen macht das Virus krank, was ja die Lebensaufgabe eines Virus ist; aber dieses Virus ist besonders pfiffig und will überall mitmischen. Es streckt seine Fühler nicht nur in die Lebensbereiche der Kranken, sondern auch in die der gesunden Menschen.

Und so werden sogar noch nicht geborene Menschen, alle Babys, die seit Anfang des Jahres gezeugt wurden, namentlich Corona-Babys, weil man ja so viel „entschleunigte“ Zeit hat und sich den Werten wie der Liebe widmen kann. 

Diese Babys werden also jetzt seit ca. Oktober 2020 geboren bis weit ins nächste Jahr hinein und bekommen einen tollen Stempel, ungeachtet dessen, was die Eltern wirklich bewegt hat, ein Leben mit einem Kind zu beginnen. Bei uns wurde natürlich auch kurz „geprüft“, ob wir ein Corona-Baby haben. Haben wir per definitionem nicht. Trotzdem hoffe ich für alle „Corona-Babys“, dass die kleinen Zwerge wirklich nie so genannt werden, was jetzt der scherzhafte Kommentar zu den Eltern ist, die eine Schwangerschaft verkünden. Denn ich finde Corona-Baby klingt ziemlich ungeplant und ungewollt.

Dann gibt es noch die Corona-Mamis. Eine solche bin ich also. Die Corona-Mamis haben kein Corona-Baby. Die Corona-Mamis haben nämlich schon vor Corona entschlossen Mami zu werden. Sie waren einfach werdende Mami und sind jetzt frisch Mami in der Coronazeit.

Und so komisch wie Corona-Mami klingt, so ist es auch eine zu sein. Jeder hat seine eigenen Vorstellungen für Zeit in der Schwangerschaft, die Zeit nach der Geburt und die Zeit im ersten Jahr. 

Nun hat das fiese Corona-Minimonster aber gesagt dass es ja alle erwischt.

Schwups- und schon gibt es nicht nur tausende kranke Menschen, was durchaus schlimm genug ist, sondern auch gesunde Menschen, die zuhause bleiben sollen, nicht mehr an die Arbeit fahren sollen, ihr Freizeit leben eingeschränkt bekommen.

Und schwups- trifft es auch die Corona-Mami. Ihr Schwangeren-Yogakurs findet nicht statt oder nur temporär, soweit es die Regeln zulassen, der 30. Geburtstag abgesagt, der letzte Urlaub vor der Geburt wird storniert, der Geburtsvorbereitungskurs online abgehalten, die Besuchsregeln in deutschen Krankenhäusern für Väter (traumatisierenderweise!) auf 1 Std. verkürzt, der Rückbildungskurs online abgehalten (und mit einem kleinen Säugling, kann sich jeder gut vorstellen, wie toll das funktioniert vor einem Bildschirm Gymnastik zu machen), Babyschwimmkurse, Babymassage und ähnliche Kurse, mit denen Mamis gerne die Zeit mit ihren Babys genießen, abgesagt! Erledigungen in der Stadt müssen akribisch geplant werden, denn wo soll ich im Winter mein Kind stillen, füttern oder wickeln, wenn ich mir in keinem Café eine Auszeit nehmen kann und man auf die freie Stillecke im Drogeriemarkt hoffen muss? Freunde und Verwandte darf die Mami in homöopathischen Dosen genießen. Die 69 jährige Uroma des Babys traut sich schließlich auch nicht mehr, mit dem Zug zu Besuch zu kommen. Apropos Freunde: Wo lerne ich eigentlich die anderen Mamis kennen, von denen jeder immer berichtet, dass sich das zum Beispiel so einfach in den Kursen vor und nach der Geburt ergibt? Online, wo jeder sein Mikro stummschaltet und jeder eigentlich nur den Kurs „erledigt“ haben möchte? 

Ich frage ich wirklich, wie lange wir noch mit Einschränkungen leben müssen, wie lange darf ich nicht einfach mal in die Klischeemama-Anfangszeit eintauchen? Vielleicht ist das alles ja auch gar nichts für mich, vielleicht reicht die Komponente Baby gar nicht wirklich aus, um neue langfristige Bekanntschaften zu schließen. Das alles kann ich aber gar nicht wissen. 

Welche Folgen wird die Gesamtsituation haben? Nicht nur für mich oder für meinen Inselzwergen, einfach gesamtgesellschaftlich und sozial, schließlich hat wirklich jeder hier zu knabbern?

Ich kann nur sagen, es nervt und macht mich wütend. Ich möchte keine Corona-Mami sein. Das hatte ich mir schließlich anders vorgestellt. Und jetzt stampfe ich gedanklich mit Fuß kräftig auf den Boden!

Nach der Wut kommt dann irgendwann die Phase, in der ich einfach traurig bin, dass mittlerweile 5 Monate ins Land gezogen sind, die man sich malerischer vorgestellt hat. Schließlich ist doch das erste Jahr so bedeutend und man soll es besonders genießen. Schwups- fast ein halbes Jahr rum…Und dann muss ich wohl akzeptieren, dass die Situation so ist wie sie ist. Vielleicht ist es auch ein Stück Resignation oder Angleichung der Erwartungen mit der Realität. Und natürlich bin ich trotzdem total glücklich so einen wunderbaren kleinen Menschen bei mir zu haben und selbstverständlich noch viele Jahre mit ihm haben werde.

Und deshalb verarbeite ich einen Teil meiner Wut und Trauer mit einer großen Portion Ironie. Ich schlage mit einem Augenzwinkern vor, einfach Corona-Mum zu werden und ändere einfach das Bild auf mich selbst. Das klingt hip, schick und durchgestylt und hebt sofort das Selbstwertgefühl. Anglizismen helfen uns schließlich oft unsere Sprache imposanter zu machen. Eine Corona- Mami, die neben der Rückbildung ein bißchen mit Bauch-Beine-Po anfängt, erinnert eher an Schlabberlook und Schnaufen vor dem DVD-Player. Aber stellt euch eine Corona-Mum berichtet euch von ihrem täglichen 10-Minuten Workout und ihrer Workout-App. Beide machen das gleiche, aber die Sprach formt ein anderes Bild in unserem Kopf.

Und eine Corona-Mum ist taff, sie macht einfach das Beste aus dieser Zeit und gibt vielleicht Online-Angeboten eine Chance.

Es kommt eine Zeit nach Corona, in der man das Babyschwimmen nicht nachholen kann, aber dafür ganz viele andere Momente mit dem Baby erleben kann! Es kommt oft anders als man denkt. Ich bleibe flexibel und bin offen für das, was kommt! 

Be a Corona-Mum.

PS: Der Text ist nicht gegendert. Um es kurz zu halten: Lieber Corona-Papi: Be a Corona-Dad, liebes Corona-Elternteil: Be a Corona-Parent!

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